Wer entscheidet über Ihre persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten oder in den Angelegenheiten der Gesundheitssorge, wenn Sie entscheidungsunfähig geworden sind. Wir befinden uns bei dieser Frage im Spannungsfeld zwischen privatem Selbstbestimmungsrecht (Vorsogevollmacht) und staatlicher Fremdbestimmung und Kontrolle (Betreuungsrecht).
Sie können Ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen und Vorsorge treffen, nämlich im persönlichen oder vermögensrechtlichen Bereich oder im Gesundheitsbereich. Dies geschieht mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht oder alternativ einer Betreuungsverfügung.
Oft besser: Vorsorgevollmacht statt gerichtlicher Betreuung
Was Sie wissen müssen: Angehörige können ihre pflegebedürftigen Eltern oder Ehepartner nur dann vertreten, wenn eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt wurde oder wenn sie gerichtlich bestellter Betreuer sind. Ohne rechtsgeschäftliche oder gerichtliche Vollmacht sind Ihre Angehörigen nicht handlungsfähig!
Vorsorgevollmacht ist die durch Rechtsgeschäft privat erteilte Vertretungsmacht jenseits staatlicher Aufsicht und Kontrolle. Demgegenüber ist Betreuung die durch gerichtliche Entscheidung erteilte Vertretungsmacht. Das Vormundschaftsgericht übt die staatliche Aufsicht und Kontrolle über die Betreuer aus; der Betreuer hat jährliche Rechenschafts- und Berichtspflichten gegenüber dem Vormundschaftsgericht.
Das Gesetz sieht ein Stufenverhältnis vor: Grundsätzlich hat die private Vorsorgevollmacht Vorrang vor der gerichtlichen Betreuung, nur wenn keine Vorsorgevollmacht erteilt wurde, soll nachrangig ein gerichtliches Betreuungsverfahren eingeleitet werden.
Aber Achtung! Die Vorsorgevollmacht gibt weitreichende Befugnisse und erfordert unbedingtes Vertrauen, denn dem Missbrauch kann Tür und Tor geöffnet sein, wenn keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden.
Sinnvoll: Besprechung am runden Familientisch
Da Sie in einer Vorsorgevollmacht eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens benennen, ist es sinnvoll, die gewünschten Bevollmächtigten (z.B. Angehörige oder Freunde) bereits von Anfang an bei der Abfassung der Vollmacht mit einzubeziehen. Denn die Kenntnis der juristischen Möglichkeiten allein reicht oftmals nicht aus: Wie trage ich meine Erkenntnisse in die Familie? Was passiert, wenn meine Eltern oder mein Partner sich gegen Regelungen sperren – „Das braucht es doch nicht, Du bist mein Kind, Du machst das schon…“
Hier hilft das spezielle Verfahren der Mediation in Altersfragen (elder mediation): Im Rahmen der Moderation durch einen Mediator/eine Mediatorin können die manchmal schwierigen und möglicherweise emotionsgeladenen Fragen rund um die Themen Krankheit, Pflege, Alter und Tod offen und familiengerecht geklärt werden. Dabei sollen alle Beteiligten eine „Stimme“ erhalten, können alte Familienkonflikte gelöst und bedarfsgerechte Lösungen erarbeitet werden – und das nicht nur in Konflikt- und Streitfällen, sondern auch in allen Fragen der Altersgestaltung, bei denen Kommunikation am runden Tisch sinnvoll ist (z.B. auch bei Testamenten, Bestattungsvorsorge etc.).